Man könnte fast behaupten, dass neben dem gewohnt flott aufspielenden Blasorchester nicht nur drei, sondern mindestens sieben Gäste auf der Bühne zu sehen waren. Bauchredner Jörg Jará, der auch als humorvoller Moderator durch das Programm führte, hatte nämlich weitere Gäste mitgebracht: den kauzigen Erwin Jenssen und dessen eigenwillige Gattin, die affektierte Vogeldame Olga und einen liebenswerten kleinen Kerl namens Karlchen. Mit allen führte er mehr oder weniger tiefgründige Gespräche, die die Zuschauer köstlich amüsierten.
Während auf den Plätzen ausgelassene Heiterkeit dominierte blieb Jará völlig ruhig. Keine Miene verzog er, als etwa der grantige achtzigjährige Erwin sich über die scheinbar sinnloserweise dasitzenden Menschen ärgerte und fortwährend versuchte, Nüsse unter die Leute zu bringen. Oder wenn Olga immer wieder den Zuschauer Clemens kokett in ihre Kiste locken wollte - sehr zum Verdruss Erwins, der bereits darin saß und über Platzmangel klagte. Mit unglaublichem Können überbot Jará sich selbst, wenn er ganze Streitgespräche zwischen mehreren oder sogar allen seiner Figuren inszenierte und dabei sogar noch eine imaginäre, sprechende Fliege einbezog.
Vollkommen ohne Worte, nur mit präziser Körpersprache und von Kopf bis Fuß in ein silbernes, mit gläsernen Rauten gestaltetes Kostüm gehüllt, das wie ein Harlekinkostüm eines Außerirdischen anmutete, kam „Kristalleon“ auf die Bühne. Die Kunstfigur von Christoph Müller entführte das Publikum in eine fantastische Welt voller ungewohnter sphärischer Klänge. Mit zwei gläsernen Flöten wanderte er durch die Zuschauerreihen und bespielte ein Tablett voller Gläser mit den Fingerspitzen und kleinen Klöppeln. Schweigend vermochte er auch zwei Besucherinnen den kunstvollen Umgang mit den zerbrechlichen Instrumenten zu vermitteln. Mit einem stürmischen Applaus kehrte das leicht entrückte Publikum in die Realität zurück.
Als Ausgleich zu so viel zarten Tönen bot die sehr moderne und dynamische Show des TJ Wheels aus Berlin Außerordentliches für die Liebhaber der Akrobatik. Der Jongleur auf Rollschuhen zeigte, wie man locker-lässig ein sportlich extrem anspruchsvolles Programm in modernem Gewand präsentiert, seine Zuschauer faszinieren und mitfiebern lassen kann. Till Schleinitz verblüffte mehr als einmal mit seinen Kombinationen und mit seinem Durchhaltevermögen und erntete dafür wiederholt tosenden Beifall.
Was wäre aber ein solches Programm ohne die entsprechenden verbindenden Elemente, für die an diesem Abend das Blasorchester mit diversen Melodien und Medleys sorgte. Klaus Schulz und seine Musiker kreierten mit ihrer Musikauswahl den perfekten Rahmen für einen fulminanten „bunten Abend“, an dem, wie man vielfach vernehmen konnte, so mancher Zuschauer sich über „noch ein bisschen mehr“ gefreut hätte.
von Marianne Laun (IVZ)